Grundsteuer soll Vermieter künftig zahlen

Bundesfinanzminister Olaf Scholz will Berechnung der Grundsteuer reformieren und Mietsteigerungen vermeiden.

Olaf Scholz ist in die Offensive gegangen und will sich dafür einsetzen, dass die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Reform „gerecht“ ausfällt und kündigt „mieterfreundliche Lösungen“ an. Er zeigt sich offen, die Umlage der Grundsteuer auf die Miete zu untersagen. Die Unionsfraktion ließ jedoch wissen, dass sie ein Verbot der Umlagefähigkeit nicht mittragen werde.

Drei Modelle stehen zur Diskussion:

  1. Wertunabhängiges Flächenmodell (Südländermodell)
    Das Flächenverfahren wird bislang nicht näher ausgeführt. Es soll auf Vorarbeiten der Länder Bayern und Hamburg zurückgegriffen werden. Probeberechnungen zeigen, dass das Flächenmodell die geringsten Abweichungen zum System der Einheitswerte aufweist. Der Erhebungsaufwand ist überschaubar und es bedarf keiner künftigen Wertfortschreibungen. Was Scholz hier aufstößt: Mit dieser Berechnung wäre ein Einfamilienhaus in Berlin-Grunewald genauso bewertet wie in Berlin-Marzahn.
  2. Wertabhängiges Modell in Form eines Ertragswertverfahrens auf Basis von Nettokaltmieten
    Hierbei handelt es sich um ein vereinfachtes Ertragswertverfahren auf Basis von tatsächlich vereinbarten Nettokaltmieten. Das Modell ermittelt den Grundstückswert, der Steuermessbetrag wird festgelegt und über den Hebesatz setzt die Kommune die Grundsteuer fest. Da der Immobilienwert ansteigt, will Scholz die Steuermesszahl senken. Zudem sollen die Bürgermeister die Hebesätze anpassen, so dass die Grundsteuer letztlich nicht steigt.
    Es ist komplizierter in der Ermittlung als ein wertunabhängiges Flächenmodell und auch deutlich komplizierter als das heutige Einheitswertverfahren. Die Bewertung muss regelmäßig fortgeschrieben werden (lt. BVerfG-Urteil).
  3. Scholz-Modell
    Die Grundsteuer soll künftig für jede Wohnung individuell und nicht mehr je Immobilie berechnet werden. Grundlage sollen Fläche und Alter der Immobilie sowie die Höhe der Miete sein. Bei selbst genutzten Immobilien soll die Höhe der Steuer anhand der Wohngeldtabelle ermittelt werden.

Die bisher bekannt gewordenen Eckpunkte des Grundsteuerkonzepts von Bundesfinanzminister Scholz lassen auf einen immensen bürokratischen Aufwand schließen: Für jede Wohnung soll künftig ein Grundsteuerbescheid erstellt werden, der sich an der aktuellen Miethöhe orientiert. Das hieße für deutlich mehr als die bisher geschätzten 35 Millionen Immobilieneinheiten regelmäßig neue steuerliche Bewertungen vornehmen zu müssen.

Vermieterinteressen

Grundsätzlich sitzen Vermieter und Mieter hier in einem Boot, da es auch für den Vermieter von erheblicher Bedeutung ist, die Mieter nicht durch die Umlage zu hoher Grundsteuern weiter zu belasten. Die von unserem derzeitigen Bundesfinanzminister verfolgte absurde Idee, sich dieser Problematik dadurch zu entledigen, indem er die Grundsteuer den Vermietern aufbürdet, soll verhindern, dass offen zu Tage tritt, was eigentlich dahinter steht: Mit den Mietern möchte man es sich wegen der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt nicht weiter verderben; da verdirbt man es sich lieber mit den Vermietern, die in dem jetzigen politischen Klima ohnehin zum Sündenbock für die Verfehlungen der Politik gemacht werden. Anstatt dem erneuten Schüren von Grabenkämpfen zwischen Vermietern und Mietern Vorschub zu leisten, sollte die Politik lieber dafür Sorge tragen, dass sich der Wohnungsmarkt durch Neubau entspannt und sich bei der Erhebung von Grundsteuern um ein moderates Modell bemühen. Das „Modell Scholz“ führt nur weiter, worunter schon so vieles leidet: Intransparenz.

Die neue Grundsteuer muss jedoch einfach zu erheben und für die Bürger transparent sein, sie darf das Wohnen nicht verteuern und sie muss gerecht sein. Das Scholz-Modell erfüllt diese Kriterien eindeutig nicht.
Das Flächenmodell hingegen erlaubt, die Grundsteuer aus der Gebäude- und der Grundstücksfläche zu berechnen. Es ist mit niedrigen Kosten umzusetzen, schafft keine neuen Ungerechtigkeiten und folgt der Verfassung.

Scholz steht unter Zeitdruck, bis Ende 2019 muss die Neuberechnung der Grundsteuer von Bundestag und Bundesrat gesetzlich verabschiedet sein. Die Vorgaben in den Behörden sind bis Ende 2024 umzusetzen, ab 1. Januar 2025 soll die neue Grundsteuer gelten. Angesichts des komplizierten Vorhabens ist der Zeitplan sehr eng und Scholz wäre gut beraten, sich dem Flächenmodell anzunehmen.

Hintergrund: Die derzeit verwendeten Einheitswerte stammen von 1964 (alte Länder) und 1935 (neue Länder) und entsprechen nicht den aktuellen Werten, da die gesetzlich vorgeschriebene Anpassung der Immobilienwerte alle sechs Jahre nicht beachtet worden sei. Das Bundesverfassungsgericht hat daraufhin die Regierung aufgefordert, bis Ende 2024 eine verfassungsgerechte, sozial gerechte und das Recht der Kommunen auf eigenständige Hebesätze wahrende Lösung zu finden. 14 Milliarden Euro pro Jahr nehmen die Länder über diese Steuer ein.

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